Jahreslosung 2017

Hesekiel 36,26


Unsere Gedanken zur Jahreslosung

Spiel mir ein Lied

Mein Herz ist zerbrochen, wie das Display eines Telefons.
Es schlägt zwar noch. Doch die Bedienung fällt mir schwer.
Als wär‘ ein Bein gebrochen humpelt es herum und hofft, dass du dich endlich zeigst, denn deine Hilfe fehlt mir sehr.
Du hast gesagt, dass du mich halten kannst. Du machst aus meiner Trauer einen Tanz! Stell dich zwischen mich und meine Angst! Spiel mir ein Lied und:

Lass mein Herz wieder tanzen! Reanimiere den Rhythmus in mir.
Lass mein Herz wieder tanzen. Entfache dein Feuer neu in mir

Tausend graue Wolken haben’s sich in mir bequem gemacht.
Und Regen tropft ununterbrochen auf mein Herz.
Als würde man mich foltern, meine Seele ist ganz aufgequoll‘n. Wie lange noch bis du mich hörst in meinem Schmerz?
Du hast gesagt, dass du mich halten kannst. Du machst aus meiner Trauer einen Tanz! Stell dich zwischen mich und meine Angst! Spiel mir ein Lied und:

Lass mein Herz wieder tanzen! Reanimiere den Rhythmus in mir.
Lass mein Herz wieder tanzen. Entfache dein Feuer neu in mir

Hören Sie sich das Lied hier an.
Text und Musik: Martin Ergenzinger © beim Verfasser

 

Gedanken zur Jahreslosung von Matthias Vögele

Liebe Gemeinde,

wie kann Gott unser Herz tanzen lassen? Wie den Rhythmus in uns neu animieren?  

Wie kann ich von Gott verändert werden, wenn ich seine Stimme im Getöse des Alltagstresses nicht mehr höre? Wie kann mein Herz neu werden, wo es doch schon im Laufe meines Lebens so viele Macken abbekommen hat? So viel hat mein Herz schon mitgemacht. Da können sich Energie und Lebensmut doch gar nicht mehr frei entfalten. Mein Herz hat keinen Neustart-Knopf, der die Erinnerung an all die Macken und all die Versteinerungen meines Herzens löscht!

Wenn man sich so umschaut, dann kommen doch ständig neue Versteinerungen in unsere Herzen. Der Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt schockiert. So etwas hinterlässt versteinerte Herzen. Wenn so etwas passiert, füllen sich Herzen mit Hass auf Gewalttäter. Wenn so etwas passiert, zerbrechen Herzen an der Trauer und dem Leid. Da müssen sich unser Geist und unser Lebensmut geschlagen geben. Wie kann man da noch freudig drauflosziehen, wenn man sich immer fragen muss: Bin ich auf diesem Fest sicher oder sollte ich lieber schnell nach Hause gehen?

So groß müssen wir den Maßstab noch nicht einmal anlegen: Wie kann man ein neues, liebendes Herz und einen neuen anpackenden Geist bekommen, wenn das eigene Herz so oft verletzt wird? Wenn ein Plappermaul auf dem Schulhof weitersagt, dass ein anderer in ein Mädchen verliebt ist und sich dann alle über ihn lustig machen, wird aus Freundschaft ganz schnell Hass. Aus offenen Herzen werden Verschlossene. Wie kann Gott unser Herz da zum Tanzen bringen?

Trotz all dieser Hindernisse verspricht Gott: „Ich will euch ein neues Herz schenken und einen neuen Geist in euch legen.“ (Ez 36,26) Dieses Versprechen gilt egal, welche Macken unsere Herzen abbekommen haben. Egal, wie versteinert und egal wie kalt unsere Herzen geworden sind.

Gott verspricht, die Risse in unseren zerbrochenen Herzen zu heilen, die Versteinerungen in unseren Herzen zu lösen und aus kalten Herzen leidenschaftlich schlagende Herzen zu machen. Gott verspricht uns einen Neuanfang voller Energie, voller Lebensmut und Zuversicht. Er will unsere Herzen neu zum Tanzen bringen.

Dieses Versprechen Gottes ist groß. Es ist vollmundig und beeindruckend. Aber wie löst er es ein? Warum spüre ich dieses vollmundig versprochene neue Herz und den neuen Geist so selten? Ich brauche ihn doch so dringend.  

Ich glaube, dass Gott sein Versprechen hält. Er löst es ständig ein. Er schenkt uns ständig neue Herzen und einen neuen Geist. Er gibt uns ständig die Möglichkeit, dass unsere Herzen tanzen können. Nur wir nehmen es nicht wahr, weil uns unsere Erwartungen einen Streich spielen. Wir erwarten die spektakuläre Veränderung. Wir erwarten, dass Gottes Versprechen wie ein Neustart-Knopf funktionieren. Wir denken, Gott drückt einfach auf den Knopf und im Handumdrehen ist alles spektakulär gut, im Handumdrehen alle Versteinerungen wieder weich und alle Macken im Herzen vergessen. Mit einem Knopfdruck Gottes erwarten wir eine Tanzfläche voller tanzender Herzen.

Aber so funktioniert Gottes Versprechen nicht. Gott schenkt uns ein neues Herz und einen neuen Geist, aber das meist leise und unspektakulär. Gott schenkt uns einen neuen Geist und ein neues Herz nicht als fertiges Produkt, das nur eingebaut werden muss und per Knopfdruck geliefert wird. Er schenkt uns einen Funken, mit dem wir das Feuer in unserem Herzen wieder entfachen können. Er schenkt uns eine Möglichkeit unsere kalten Herzen wieder zum Schlagen zu bringen. Er schenkt uns eine Perspektive, wie gebrochene Herzen heilen und dann wieder tanzen können.

Wenn das Plappermaul vom Schulhof den bloßgestellten Freund eine Woche später um Entschuldigung bittet, dann liegt in dieser Bitte ein solcher Funken Gottes. Die beiden Streithähne können den Funken Gottes aufnehmen. Wenn der Bloßgestellte den Mut dazu hat, kann er die Versteinerung des Herzens überwinden. Wenn das Plappermaul Mut hat zu seinem Fehler offen zu stehen, dann kann die Freundschaft zwischen beiden neu wachsen. Wenn beide den Weg der Versöhnung gehen wollen, dann bleibt es nicht bei zwei versteinerten Herzen. Dann können sich Versteinerungen lösen. Und dann fangen die Herzen langsam an wieder füreinander zu schlagen. Und wenn sie im Gleichklang schlagen, dann beginnen die Herzen zu tanzen. Dann wächst die Freundschaft wieder trotz der Macke, die sie abbekommen hat. Dann haben beide ein neues Herz.

Oder wenn Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Religionen in Berlin kurz nach dem Anschlag schweigend der Opfer gedenken und Schilder mit „spread love“ und „stop hate“ – also „verbreitet Liebe“ und „stoppt Hass“ - hochhalten, dann ergreifen diese Menschen Gottes Funken, mit dem er unser Herz und unseren Geist verändern will. Dann wehren sie sich dagegen, ihr Herz versteinern zu lassen von Hass und Misstrauen. Dieser Funke verwandelt die Trauer nicht in Freude. Aber dieser Funke weist den Hass ein seine Schranken. Stattdessen entfachen sich Flammen der Liebe Gottes. In versteinerten Herzen nistet sich Gottes Funke der Veränderung ein. Menschen beginnen zusammenzustehen. Sie spenden sich Trost und Beistand und geben Gottes neues Herz und seinen neuen Geist weiter.

Liebe Gemeinde, Gott verspricht uns, uns ein neues Herz und einen neuen Geist zu schenken. Aber dieses neue Herz kommt nicht mit Pauken und Trompeten zu uns. Gott schenkt uns vielmehr Funken seiner Liebe, Gelegenheiten, den Rhythmus der Liebe aufzunehmen und eine Idee, wie unsere Herzen wieder tanzen können.

Wenn wir uns von Gottes Geschenken inspirieren lassen, dann finden wir Wege aus der Versteinerung unserer Herzen. Wenn wir uns von Gottes Veränderung inspirieren lassen, dann werden ganz langsam aus versteinerten Herzen tanzende Herzen – bei uns und unseren Mitmenschen.

Amen